Die Geister, die ich rief – KI in der Energiewirtschaft
Kommentar in der ZfK, Ausgabe Februar 2024
Erst Cloud, dann Blockchain und jetzt KI! Neue digitale Technologien verändern die Welt der Energiewirtschaft in einer höheren Kadenz als es über Jahrzehnte der Fall war. Die frühere evolutionäre Entwicklung wurde inzwischen abgelöst von einer Transformation der Branche, die einer Revolution gleicht. Von der zentralen zur dezentralen Welt, vom „Versorgt-werden-Woller“ zum Prosumer, von den „Dreckschleudern“ zur klimaneutralen Stromerzeugung – all das kann nur funktionieren mit der vollständigen Vernetzung von der Erzeugung über die Speicherung, bis zum Verbrauch. Unbestritten sind dabei vor allem die möglichen Potenziale der Künstlichen Intelligenz. KI kann durch die Analyse von Echtzeitdaten den Energieverbrauch optimieren, und KI-Algorithmen überwachen und steuern den Energiefluss, um z.B. Überlastungen zu verhindern. Endlich weg vom jahrzehntelangen „Blindflug“ im Verteilungsnetz! Auch die Prognosegüte dürfte um Größenordnungen zunehmen, weil KI Wetterdaten, Verbrauchsverhalten und andere Faktoren auswertet und wenn erforderlich die Erzeugung anpasst, was am Ende zu einer stabileren Stromversorgung auch in Zeiten der dargebotsabhängigen Erzeugung führt. Selbst beim Thema IT-Sicherheit kann die KI nicht nur Fluch, sondern auch Segen sein, indem sie Sicherheitslücken erkennt und Angriffe in Echtzeit erkennt und abwehrt.
Doch bei aller Euphorie um KI gilt es doch, nüchtern die Risiken abzuwägen. KI braucht große Datenmengen, und ist allein deshalb schon anfällig für Hackerangriffe. Manipulierte Systeme und das Risiko schwerwiegender Sicherheitsverletzungen sind ein Horrorszenario für unsere kritische Infrastruktur. Ferner treffen KI-Systeme Entscheidungen einzig auf Basis von Mustern und Algorithmen, die die man ihnen gelernt hat. Damit besteht eine latente Gefahr von plötzlichen Fehlern und unerwartetem Verhalten. Was, wenn die KI plötzlich etwas anstellt, das wir gar nicht wollen? In diesem Fall muss es also nicht mal ein Cyberangriff sein, sondern der Feind sitzt quasi im Haus. Störungen im Netz oder gar Ausfälle mit unermesslichen Schäden sind dann die Folge. Aus diesem Grund können wir es uns nicht leisten die menschliche Kontrolle und Überwachung, quasi die „Handebene“ aufzugeben, damit wir mögliche Probleme rechtzeitig erkennen und beheben können.
Die Herausforderung für unseren Wirtschaftszweig lautet jetzt, die Gefahren und Risiken abzuwägen, damit KI verantwortungsvoll eingesetzt werden kann. Um von vorneherein Risiken zu minimieren ist es wichtig, klare Richtlinien, ethische Grundsätze und Sicherheitsprotokolle zu entwickeln. Intelligente Technologien brauchen einen intelligenten Rahmen! KI-Entwickler, Energieexperten und Regulierungsbehörden müssen künftig im ständigen Dialog agil zusammenarbeiten und sicherstellen, dass die Zuverlässigkeit des Stromnetzes gewährleistet bleibt. Lasst uns diese Herausforderung annehmen, nicht morgen, sondern schon heute.